Am Heiligabend des Jahres 1524 treten nach Angaben eines zeitgenössischen Chronisten in einem Baltringer Wirtshaus Bauern aus dem Dorf zusammen, um über ihre Lage Klage zu führen. Sie geben damit den Anstoß zu einer der bedeutendsten Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte. Das Geschehen in den nachfolgenden Monaten kann man in folgende Etappen gliedern:

Januar/Februar 1525: Die Bauern aus weiter Umgebung formieren sich und treffen sich zunächst in einem Wirtshaus, später im Ried. Die Treffen finden regelmäßig donnerstags statt.

März 1525: Gründung der Christlichen Vereinigung in Memmingen und mehrere Verhandlungsrunden beim Schwäbischen Bund in Ulm.

April 1525: Einmarsch von Truppen des Schwäbischen Bundes, Überfälle der Bauern auf Klöster und Schlösser, schließlich Kapitulation des Baltringer Haufens.

Die nachfolgende Chronik gibt eine detailliertere Übersicht zu den einzelnen Ereignissen…

24. Dezember 1524

Erste Zusammenkunft am Heiligabend in einem Baltringer Wirthaus. Die Bauern beklagen ihre Situation.

29. Januar 1525

Rund 20 Bauern treffen sich erneut in einem Baltringer Wirtshaus.

2. Februar 1525

Rund 80 Bauern treten im Wirtshaus zusammen.

3./4. Februar 1525

Ulrich Schmid wird als Unterhändler gewonnen. Die Zusammenkünfte in der Fasnetzeit nutzen die Bauern, um für die Bewegung zu werben. Außerdem sollen die konspirativen Treffen der Obrigkeit so weniger ins Auge fallen.

5. Februar 1525

Der Schwäbische Bund beschließt, mit den Bauern in Verhandlungen zu treten.

9. Februar 1525

Erstes Zusammentreffen der Bauern (ca. 2000) mit Vertretern des Schwäbischen Bundes (Johann von Königsegg, Wilhelm von Knöringen, Ulms Bürgermeister Ulrich Neithart). Diese fordern die Bauern dazu auf, ihre Beschwerden zu Papier zu bringen und vorzulegen.

12. Februar 1525

Eine Gruppe von Bauern erscheint im Kloster Heggbach und bittet, die Abgabenlast zu mildern. Im Schwäbischen Bund kommt es zu einer Kontroverse darüber, welche Strategie gegenüber den Bauern eingeschlagen werden soll. Der bayerische Kanzler Dr. Leonhard Eck fordert, mit Gewalt der Bewegung ein Ende zu bereiten.

16. Februar 1525

Treffen der Bauern mit den Vertretern des Schwäbischen Bundes im Ried (10 000 bis 15 000 Bauern). Übergabe von über 300 Beschwerdeschriften. Ulrich Schmid begründet die Bewegung mit der großen Not und betont das Festhalten am Prinzipder Gewaltlosigkeit.

27. Februar 1525

Weitere Verhandlungsrunde zwischen den Bauern des Baltringer Haufens mit Ulrich Schmid an der Spitze und den Vertretern des Schwäbischen Bundes. Diese bringen Antworten von einzelnen Herrschaften auf die Beschwerdeschriften mit. Jetzt fordert Ulrich Schmid die Orientierung am Göttlichen Recht. Ulrich Schmid begibt sich nach Memmingen.

28. Februar 1525

Der Baltringer Haufen gibt seine Entstehung der Stadt Ehingen bekannt.

1. März 1525

Sebastian Lotzer wird als Feldschreiber des Baltringer Haufens gewonnen. Ulrich Schmid lädt Vertreter des Allgäuer- und Bodenseehaufens nach Memmingen ein.

2.-4. März 1525

Arbeit an den Zwölf Artikeln

5.-7. März 1525

Erste Tagung des Bauernparlaments (Bundestag) im Memminger Kramerzunfthaus. 50 Abgeordnete des Baltringer-, Allgäuer- und Bodenseehaufens treten zu Verhandlungen zusammen. Dreizehn Abgeordnete vertreten den Baltringer Haufen. Nach kontroverser Debatte Einigung der drei Haufen auf Gewaltverzicht. Beschlüsse der ersten Sitzung des Bauernparlaments: 1. Bundesordnung: Entwurf einer Verfassung 2. Landesordnung: Innere Organisation der drei Bauernhaufen in Oberschwaben 3. Zwölf Artikel

5. März 1525

Beitritt des Leipheimer Haufens zum Baltringer Haufen

7. März 1525

Die drei Bauernhaufen teilen dem Schwäbischen Bund die Gründung der Christlichen Vereinigung mit.

15./16. März 1525

Zweite Tagung des Bauernparlaments (Bundestag) Beschluss über die Personen, die aus der Bibel die Forderungen, Wünsche und Ziele der Bauern prüfen sollen (1.Richterlisten)

20. März 1525

Dritte Tagung des Bauernparlaments (Bundestag) Beschluss einer zweiten Liste von Personen, die aus der Bibel die Forderungen, Wünsche und Ziele der Bauern prüfen sollen (2.Richterlisten)

21. März 1525

Druck der Zwölf Artikel

24. März 1525

Sechs Abgeordnete des Bauernparlaments übergeben in Ulm dem Schwäbischen Bund die neueste Richterliste, aus der Aufstellung der Baltringer sind die Namen der reformatorischen Geistlichen Müller und Zwick gestrichen. Außerdem nimmt der Schwäbische Bund aus der Hand der Abgeordneten die Zwölf Artikel und die Bundesordnung entgegen. Ablehnung der Richterliste durch die Vertreter des Bundes.

25. März 1525

Die sechs Abgeordneten des Bauernparlaments nehmen vormittags im Ulmer Rathaus einen Vermittlungsvorschlag des Bundes, ausgearbeitet von den Bürgermeistern aus Kempten und Ravensburg, entgegen: Bildung eines Schiedsgerichtes aus vier Personen (je zwei von der Obrigkeit und von den Untertanen bestimmt) und einem Obmann - sofortige Auflösung der Christlichen Vereinigung der drei Bauernhaufen - Gehorsam gegenüber der Obrigkeit - Distanzierung von der Forderung nach dem Göttlichen Recht. Ein Stillhalteabkommen wird bis zum 2. April vereinbart. Bis dahin erhalten die Bauern Bedenkzeit über die Annahme des Vermittlungsvorschlags.

25. März 1525

Leonhard Eck kehrt aus Württemberg zurück nach Ulm. Herzog Ulrich, dem der Einsatz der Truppen des Schwäbischen Bundes galt, ist geschlagen. Sie stehen jetzt den Bund für einen Einsatz gegen die Bauern zur Verfügung. Die Hardliner mit Leonhard Eck an der Spitze erhalten im Bundesrat die Oberhand.

26. März 1525

Eintreffen der Truppen des Schwäbischen Bundes um Ulm

26. März 1525

Plünderung Niederbrennen des Klosters Schemmerberg, das sich im Besitz des Klosters Salem befand

27./28. März 1525

Die Bauern plündern Kloster Heggbach, Mord im Raum Laupheim an einem Wirt aus Griesingen, der sich auf dem Heimweg von Memmingen befindet

29. März 1525

Erste Tag der oberschwäbischen Städte in Memmingen; sie suchen nach Möglichkeiten die militärische Auseinandersetzung zu verhindern. Beschwerden der Bauern über Übergriffe von Reitern des schwäbischen Bundes

30. März 1525

Zum Zeichen dafür, dass das Kloster Heggbach den Bauern untersteht, schlagen sie ein rotes Kreuz an das Klostertor. Ähnlich gehen die Bauern gegen Gutenzell und Ochsenhausen vor. Militärisches Vorgehen des Bundesheeres gegen die Bauern bei Dellemsingen.

31. März 1525

Zweiter Tag der oberschwäbischen Städte in Memmingen; Vermittlungsbemühungen, Bitte um Einhaltung des Waffenstillsandsabkommens

31. März / 2. April 1525

Militärische Geplänkel um Achstetten, Stadion und Zwiefalten

2. April 1525

Das Heer des Schwäbischen Bundes wird nach Ulm gerufen

2. April 1525

Der Bund erklärt gegenüber den Städten den Beginn des Krieges gegen die Bauern mit.

3. April 1525

Die oberschwäbischen Städte überreichen einen Vermittlungsvorschlag

4. April 1525

Schlacht bei Leipheim

5. April 1525

Hinrichtung von Anführern des Leipheimer Haufens

6. April 1525

Meuterei im Bundesheer wegen Soldzahlungen

10. April 1525

Aufbruch des Bundesheeres mit dem Truchsessen nach Baltringen

11. April 1525

Ulrich Schmid lehnt weiteres Nachgeben ab; Truchsess verweigert einen viertägigen Waffenstillstand

12. April 1525

Abbruch der Verhandlungen; Der Truchsess fällt mit 400 Soldaten in Baltringen ein. Der Auftrag des Schwäbischen Bundes, Baltringen nieder zu brennen, wird nicht ausgeführt.

15. April 1525

Der Schwäbische Bund nimmt die Kapitulation des Baltringer Haufens an

Lässt man den Blick über die Landschaft rund um Baltringen schweifen, über die Hügel, Wälder und Kirchtürme, fällt es einem schwer, sich vorzustellen, dass hier einmal ein Meer gewesen sein soll. Und doch war es so. Könnten wir eine Zeitreise etwa 18 Millionen Jahre in die Vergangenheit machen, würden wir am Strand eines Meeresarmes stehen, bezeichnet als Burdigalische Meeresstraße.

Eine reiche Flora und Fauna bevölkerte diese Gewässer: Seepocken und Austern, Seeigel und Plankton. Und einige der damaligen Bewohner haben Baltringen bis weit über die Grenzen Schwabens hinaus berühmt gemacht. Noch heute findet man hier in der Gegend Haifischzähne aus jener Zeit, die so berühmt waren und sind, dass selbst Goethe sie hier sammeln ließ.

Fossilien von über 80 Meeresbewohner führt der Fossilienkatalog für die Steinbrüche in Baltringen auf. Neben 16 Haifischarten, sind das Rochen, Pottwale oder Delphine. Gefüllt hat sich das Meeresbecken über Jahrmillionen mit Abtragungen aus den aufsteigenden Alpen.

Über viele Jahrhunderte dienten diese Ablagerungen, über Jahrtausende verfestigt zu Muschelsandstein, als wichtigster Baustein. Man begegnet diesem in Baltringen und weiter Umgebung an zahlreichen Gebäuden.
Ist der Stein gesägt, lässt dies den Blick zu in die Sedimente des einstigen Molassemeeres (Turmschnecke).

Der Verein hat eine reich illustrierte Broschüre herausgegeben mit dem Titel „Baltringen am Meeresstrand – eine Reise in die Erdgeschichte“ von Martina Pippèrr und Franz Liesch. Außerdem laden wir ein zu einer geologischen Führung (Anmeldung beim Verein) oder einer Wanderung auf dem geologischen Lehrpfad „Wattwanderweg“. Start ist beim ehemaligen Steinbruch (Spielplatz/Grillstelle östlich von Baltringen).

Im Jahre 2019 fand der Steinbruch Kodlesberg von der Akademie für Geowissenschaften und Geotechnologie auf Vorschlag der Staatlichen Geologischen Dienste Anerkennung als Nationaler Geotop der Bundesrepublik Deutschland. Sinn dieser „hohen Auszeichnung“ sei, so heißt es im Zertifizierungsschreiben, „eine breite Öffentlichkeit auf die Naturschätze Deutschlands aufmerksam zu machen und somit auch das Bewusstsein für das geologische Erbe unseres Landes zu fördern.“

Über ein besonderes Schmuckstück verfügt Baltringen in seinem nördlichen Bereich mit dem Naturschutzgebiet Osterried, von dessen Gesamtfläche etwa ein Drittel auf Baltringer Gemarkung liegt. Zahlreiche Quellaustritte und hoher Grundwasserspiegel infolge wasserstauender Schichten führten zur Bildung eines Niedermoores.

Wirtschaftlich wurde das Osterried bis vor einigen Jahrzehnten als Torflieferant und als Streuwiese genutzt. Diese Streuwiesen wurden einmal jährlich gemäht und das Heu zum Einstreuen verwendet, als Futter eigneten sich die Pflanzen nicht. Dieses Landschaftsbild ist vor allem auf Baltringer Gemarkung weitgehend erhalten. Der benachbarte Trockenhang dient einer Vielzahl äußerst seltener und zum Teil vom Aussterben bedrohter Tiere und Pflanzenarten als Lebensraum.

Seit 1965 ist das Osterried als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Die 150 ha umfassende Fläche wurde schließlich 1996 durch Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen zum Naturschutzgebiet erklärt. Laut Umweltministerium Baden-Württemberg zählt es zu einer „Kette von biologisch hochwertigen Feuchtgebieten“ und ist von „internationaler Bedeutung für den Vogelzug“. Das Umweltministerium führt außerdem aus: „Hier haben viele geschützte und vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen eine letzte Zufluchtsstätte gefunden.“

Bild: Arbeiten im Osterried im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts (Aquarell von Ivo Schaible)

Bei früheren Bestandsaufnahmen ließen sich über 400 verschiedene Pflanzen nachweisen. Ihr Spektrum reicht von der Flora der Verlandungsgesellschaften bis zu Trockenheit liebenden Arten. Jede achte der hier entdeckten Arten steht bereits auf der Roten Liste. Auch die Vogelwelt konnte sich im Osterried reich entfalten. Ihm kommt eine hohe Bedeutung beim Vogelzug zu.

Daneben befriedigt diese Moorlandschaft auch die besonderen Standortansprüche einer ganzen Reihe von hochspezialisierten Schmetterlingen. Von der Vielzahl der hier lebenden Falterarten gelten immerhin 37 als selten oder gar als vom Aussterben bedroht. Bei der Schmetterlingsfauna macht sich die Terrassenkante der Riß sehr positiv bemerkbar, denn viele Arten brauchen feuchte Wiesen als Nahrungsrevier und trockene Stellen zur Eiablage oder Überwinterung.

Die Fichtenaufforstungen haben in den letzten Jahrzehnten allerdings den Lebensraum mancher bedrohten Art eingeschränkt. Durch die Entwässerung des Rißtales und des Dürnachtales wurde dem Niedermoor zudem noch das hoch anstehende Grundwasser entzogen.

Die Vogelwelt des Osterriedes lockt naturkundlich interessierte Spaziergänger sowie Vogelbeobachter aus nah und fern. Es eignet sich hervorragend als Rückzugsort in die Natur.

Unsere Empfehlung

Auf Komoot folgende Etappe: Rundwanderweg „Baltringer Haufen – Hornissen-Runde von Baltringen“

Strecke: ca. 9 km, Dauer: 2 Stunden, 19 Minuten

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Kontaktieren Sie uns gerne für detailliertere Informationen zur Historie, Geologie und Natur rund um Baltringen…

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